Rentenbeiträge nach § 187a SGB VI

Eine lohnende Investition für Ost-Versicherte

Zahlung von Rentenbeiträgen nach § 187a SGB VI

08. August 2016 | Geht es nach Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), so gilt für erworbene Rentenanwartschaften ab 2020 einheitliches Rentenrecht, unabhängig davon, ob Beiträge im Westen oder im Osten gezahlt werden. Der aktuelle Rentenwert tritt dann an die Stelle des aktuellen Rentenwerts (Ost) und bis dahin erworbene Entgeltpunkte (Ost) werden zu Entgeltpunkten. Im Zusammenspiel mit einem weiteren Vorhaben der Ministerin – dem sogenannten Flexirentengesetz – könnten sich für Ost-Versicherte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, lukrative Vorsorgemöglichkeiten über die gesetzliche Rentenversicherung auftun. Das Zeitfenster ist allerdings recht eng.

Durch die Angleichung des Rentenrechts steigt der aktuelle Rentenwert (Ost) – nach einem Zwischenschritt Anfang 2018 – ab 2020 auf das Niveau des aktuellen Rentenwerts. Auch die übrigen Rechengrößen, wie etwa die Bezugsgröße (Ost) und die Beitragsbemessungsgrenze (Ost), sollen in zwei Stufen auf Westniveau angehoben werden. – Im Gegenzug entfällt für ab 2020 erzielte Ost-Entgelte die bisherige »Hochwertung« auf Westniveau. Geregelt werden diese Punkte in einem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz, dessen Entwurf derzeit kursiert – innerhalb der Regierung aber noch umstritten ist.

Im Rahmen eines ebenfalls als Referentenentwurf vorliegenden Flexirentengesetz Flexirentengesetzes sollen Versicherte zudem früher – ab vollendetem 50. statt bislang 55. Lebensjahr – und flexibler als bisher zusätzlich Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen können, um Rentenabschläge auszugleichen, die mit einer geplanten vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente einhergehen (§ 187a SGB VI § 187a SGB VI). Im Prinzip geht es hierbei um den Rückkauf von (potenziellen) Rentenabschlägen.

Um von der Möglichkeit zusätzlicher Beitragszahlungen Gebrauch machen zu können, müssen ältere Versicherte erklären, eine vorgezogene, abschlagsgeminderte Altersrente in Anspruch nehmen zu wollen. Ob und in welchem Umfang sie sich später an diese Erklärung halten, ist unerheblich; die Erklärung verpflichtet nicht zu einem entsprechenden Verhalten. Die zusätzliche Beitragszahlung nach Paragraph 187a SGB VI ist auf den Betrag begrenzt, der erforderlich ist, um die (potenziellen) Abschläge vollständig auszugleichen. Ein darüber hinausgehender Zukauf von Entgeltpunkten ist nicht möglich.

Was kostet derzeit ein Entgeltpunkt?

Um die Kosten zu berechnen, greifen wir auf ein Beispiel zurück: Ein 1958 geborener Versicherter erklärt, nach vollendetem 63. Lebensjahr eine Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen zu wollen. Er verfügt dann auf seinem Rentenkonto über voraussichtlich 43 Entgeltpunkte. – Für 1958 Geborene beträgt die Regelaltersgrenze 66 Jahre; da die Altersrente drei Jahre früher bezogen werden soll, fallen Abschläge in Höhe von 10,8 Prozent an (pro Monat 0,3 Prozent) – der Zugangsfaktor betrüge also 0,892 (= 1 – 0,108). Aus der Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor ergeben sich die persönlichen Entgeltpunkte: 43 EP x 0,892 = 38,3560 pEP. Der (potenzielle) Rentenabschlag entspricht im Beispiel 4,6440 EP oder nach heutigen Werten einer Kürzung der monatlichen Bruttorente (West) um 141,41 Euro.

Die Ermittlung der für eine vollständige Kompensation erforderlichen Beitragszahlung erfolgt mit Hilfe folgender Formel:

EPAbschlag x UF(t) / ZF= erforderlicher Beitragsaufwand(t). [1]

Der abschlagsbedingte Verlust an EP wird mit dem sogenannten Umrechnungsfaktor multipliziert und durch den Zugangsfaktor dividiert. Bei dem amtlichen Umrechnungsfaktor [2] handelt es sich in der Sache um den Jahresbeitrag zur Rentenversicherung aus (vorläufigem) Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 zum SGB VI – ausgewiesen mit vier Nachkommastellen. Im Kalenderjahr 2016 müsste im angeführten Beispiel demnach ein Beitrag von

4,6440 EP x 6.781,9290 / 0,892 = 35.308,61 Euro

gezahlt werden, um die Abschläge vollständig zu kompensieren. Pro Entgeltpunkt sind dies 7.603,06 Euro. Die Kosten eines Entgeltpunktes hängen demnach maßgeblich ab von der Höhe des Zugangsfaktors und dem aktuellen Beitragssatz zur Rentenversicherung. Je geringer der Zugangsfaktor ist, umso höher fällt der Preis für den Rückkauf eines Entgeltpunktes aus.

Der ausgewiesene Betrag gilt nur für die alten Bundesländer; in den neuen Ländern erfolgt die Berechnung nicht auf Basis des Durchschnittsentgelts nach Anlage 1 sondern unter Rückgriff auf das (niedrigere) regionale Durchschnittsentgelt Ost – genauer: den entsprechenden Umrechnungsfaktor (Ost). Um einen Abschlag von 4,6440 EP(O) vollständig zu kompensieren, ist im Ergebnis ein geringerer Beitragsaufwand in Höhe von

4,6440 EP(O) x 5.908,1183 / 0,892 = 30.759,31 Euro

erforderlich. Das sind pro EP(O) 6.623,45 Euro und damit 979,61 Euro weniger als für den Ausgleich eines EP anfallen.

2016 kostet der Rückkauf eines EP bzw. eines EP(O) bei einer um … Monate vorgezogenen Altersrente … Euro

vorgezogene
Monate
Abschlag
in Prozent
Zugangs-
faktor
1 EP
Euro
1 EP(O)
Euro
6 1,8 0,982 6.906,24 6.016,41
12 3,6 0,964 7.035,20 6.128,75
18 5,4 0,946 7.169,06 6.245,37
24 7,2 0,928 7.308,11 6.366,51
30 9.0 0,910 7.452,67 6.492,44
36 10,8 0,892 7.603,06 6.623,45
42 12,6 0,874 7.759,64 6.759,86
48 14,4 0,856 7.922,81 6.902,01

Sollte die Rentenangleichung im geplanten Zeitrahmen erfolgen, so könnten Ost-Versicherte, die rechtzeitig von der Möglichkeit des § 187a SGB VI Gebrauch machen, zu einem »Ausgabekurs« von 87,12 Prozent (2016) eine ab 2020 gleich hohe Leistung wie im Westen erwerben. Ein höherer »Gewinn« lässt sich derzeit kaum irgendwo erzielen. Denn ab 2020 sollen dem Plan zufolge aus Entgeltpunkten (Ost) Entgeltpunkte werden und der aktuelle Rentenwert ersetzt den aktuellen Rentenwert (Ost).

Schon mit der ersten Stufe der Angleichung 2018 wird allerdings auch der Ost-Vorteil ungefähr halbiert, so dass das Zeitfenster für die Realisierung des »Extra-Gewinns« eng ist; ab 2020 wäre der »Kursvorteil« im Osten gänzlich dahin. – Und: Damit auch Versicherte im Alter zwischen 50 und 55 Jahren von der Möglichkeit Gebrauch machen können, müsste das Flexirentengesetz in der vorgesehenen Form 2017 in Kraft treten. – Im Ganzen gesehen bleiben also noch einige Ungewissheiten.

[1] Hierbei sind: EPAbschlag = Rentenabschlag gemessen in Entgeltpunkten, UF = Umrechnungsfaktor, (t) = Kalenderjahr der Beitragszahlung, ZF = Zugangsfaktor.
[2] Hierbei handelt es sich um die Umrechnungsfaktoren für den Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung gem. § 187 SGB VI § 187 Absatz 3 Satz 2 SGB VI- vgl. BGBl BGBl I (2015), S. 2139.

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