Berufung der Rürup-Kommission

Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme

Pressemitteilung des BMGS vom 12.11.2002

Ausgangslage

Die Koalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat bei der Reform der Rentenversicherung bereits in der letzten Legislaturperiode das traditionelle System der Alterssicherung um die Säule der kapitalgedeckten Altersvorsorge ergänzt und damit erforderliche Weichen gestellt. Die betriebliche Alterssicherung wurde grundlegend modernisiert und den Betriebs- und Tarifpartnern bei der Alterssicherung Mitgestaltungsmöglichkeiten eingeräumt, die es in diesem Umfang vorher nicht gab. Es wurden neuartige Pensionsfonds nach modernen internationalen Standards eingeführt. Mit dem Aufbau der mit großzügigen staatlichen Hilfen ausgestatteten ergänzenden kapitalgedeckten Altersvorsorge wurden wichtige Schritte eingeleitet, um die Alterssicherung zukunftssicher und für die Aktiven bezahlbar zu machen.

Bundesministerin Ulla Schmidt wird im Jahr 2003 weitere grundlegende Strukturverbesserungen im Gesundheitswesen durchführen, die vor allem auf Qualität und Wettbewerb, Effizienz und Transparenz der Leistungsseite setzen. Dazu gehören die Modernisierung der Versorgungsstrukturen sowie des Honorarsystems im vertragsärztlichen Bereich, die Liberalisierung des Arzneimittelmarktes, die Einführung einer Patientenquittung und der freiwilligen elektronischen Patientenkarte sowie neue Initiativen zur Sicherung der Qualität in der Medizin, zur Stärkung der Patientenrechte und des Patientenschutzes sowie der Prävention. Ziel ist auch hier, das Krankenversicherungssystem, das im internationalen Maßstab immer noch vorbildlich ist, für die Zukunft leistungsfähig und bezahlbar zu halten.

Auch über diese Maßnahmen hinaus stehen die Systeme der Sozialen Sicherung mittel- und langfristig vor schwierigen Herausforderungen. Wir befinden uns in einer Zeit raschen Wandels, sowohl in der Arbeitswelt (z.B. Strukturwandel und grundlegende Veränderungen der Erwerbsbiographien) als auch in der Gesellschaft insgesamt. Dazu kommen konjunkturelle Schwankungen, die ebenfalls im Sozialsystem aufgefangen werden müssen.

Bevölkerungsalterung und grundlegende Veränderungen der Erwerbsbiographien sowie die Entwicklung der Einkommensverteilung konfrontieren Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung mit tiefgreifenden Problemen. Durch die am Arbeitsverhältnis ansetzende lohnzentrierte Finanzierung drohen diese Entwicklungen langfristig zu einer wachsenden Belastung des Faktors Arbeit zu werden. Dies ist mit weitreichenden Konsequenzen für das gesamtwirtschaftliche Wachstum verbunden.

Auftrag der Kommission

Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Kommission, Vorschläge für eine nachhaltige Finanzierung und Weiterentwicklung der Sozialversicherung zu entwickeln. Insbesondere muss es darum gehen, die langfristige Finanzierung der sozialstaatlichen Sicherungsziele und die Generationengerechtigkeit zu gewährleisten sowie die Systeme zukunftsfest zu machen. Um beschäftigungswirksame Impulse zu geben, sollen Wege dargestellt werden, wie die Lohnnebenkosten gesenkt werden können. Die Vorschläge müssen auch Aspekte der Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigen. Die internationalen Diskussionen und Erfahrungen, insbesondere in der Europäischen Union, sind einzubeziehen.

In der Gesetzlichen Rentenversicherung wird es darum gehen, den eingeschlagenen Weg des Ausbaus der kapitalgedeckten Ergänzungssysteme weiterzuführen, ihre Wirkungen zu überprüfen und an der Orientierung der Ausgaben an den Einnahmen festzuhalten. Vorschläge zur Verbreiterung der Finanzierungsbasis sind zu prüfen.

In der Gesetzlichen Krankenversicherung geht es darum, im Hinblick auf die durch die Bevölkerungsentwicklung und den medizinisch-technischen Fortschritt bewirkte Ausgabendynamik die Finanzierung langfristig zu sichern. Darüber hinaus soll die Kommission Vorschläge entwickeln, wie zukünftig die immer stärker werdende Bedeutung der Prävention zur Vorbeugung gegen Krankheiten sowie auch zur finanziellen Stabilisierung des Systems genutzt werden kann.

Auch die Pflegeversicherung muss zukunftsfest gemacht werden und eine hohe Pflegequalität sichern. Die Bedeutung der Pflege wird in der Zukunft immer weiter wachsen. Die Kommission soll prüfen, wie die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung mit ergänzenden Formen der Vorsorge kombiniert werden kann.

Viele Strukturen in der Sozialversicherung sind historisch gewachsen. Deshalb ist auch zu prüfen, ob bei der Organisation der Sozialversicherung mittel- und langfristig Reformbedarf besteht.

Die Kommission soll Vorschläge unterbreiten, wie im europäischen Rahmen zur Gewährleistung von Mobilität und Freizügigkeit der Bürgerinnen und Bürger eine unbürokratische Leistungsgewährung sichergestellt werden kann.

Die Kommission wird, soweit dies zeitlich möglich ist, die Ergebnisse der Gesundheitsreform 2003 in ihrem Bericht berücksichtigen. Dies gilt ebenfalls für die Organisationsreform in der Rentenversicherung sowie die Neuregelung der Besteuerung der Alterssicherungssysteme.

Die Kommission wird im Herbst 2003 ihren Bericht vorlegen. Bundesregierung und Koalitionsfraktionen werden hieraus Schlussfolgerungen für weitere Reformschritte in den Sicherungssystemen ziehen.

Organisation der Kommission

Zur Organisation der Kommissionsarbeit, insbesondere der Abfassung des Schlussberichts wird eine beim BMGS angesiedelte Geschäftsstelle eingerichtet. Für die Ausgaben der Kommission werden für das Haushaltsjahr 2003 rd. 1 Mio. € zur Verfügung stehen.