Betriebliche Altersversorgung 2012

Betriebliche Altersversorgung 2012

Im Osten tragen Beschäftigte fast 40 Prozent der Finanzierung

Johannes Steffen | Juni 2015

Im Rahmen der letzten Arbeitskostenerhebung führten die statistischen Ämter des Bundes und der Länder eine Erhebung zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) durch. Gegenstand der nun vorliegenden Veröffentlichung [1] sind Anwartschaften, Beschäftigte mit Anwartschaften und Aufwendungen der bAV 2012 – differenziert nach Durchführungswegen und aufgeteilt nach Größenklassen. Die Leistungen der bAV waren nicht Gegenstand der Erhebung.

Den Ergebnissen zufolge hatten 54,2 Prozent oder knapp 12,5 Millionen Beschäftigte [2] in Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung – in den alten Ländern einschließlich Berlin waren es 55,2 Prozent, in den neuen Ländern 47,3 Prozent. Je größer die Unternehmen – gemessen an der Zahl der Beschäftigten – um so höher liegt der Anteil der Beschäftigten mit bAV-Anwartschaften. Während in Unternehmen mit zehn bis 49 Beschäftigten nur ein knappes Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine bAV-Anwartschaft erwarb, betrug der Anteil in Unternehmen mit 1.000 und mehr Beschäftigten rund drei Viertel – im Osten sogar 86 Prozent. Die Summe der Anwartschaften liegt dabei höher als die Zahl der Beschäftigten mit Anwartschaften – auf jeden von ihnen entfallen so am Ende rechnerisch 1,3 Anwartschaften.

Betriebliche Altersversorgung kann über fünf sogenannte Durchführungswege erfolgen:

  • Direktzusagen des Arbeitgebers – abgedeckt durch Pensionsrückstellungen und Insolvenzsicherungspflicht über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV);
  • Unterstützungskassen – getragen von einem oder mehreren Unternehmen, die im »Ernstfall« zuschusspflichtig sind; auch hier unterliegen die Ansprüche der Insolvenzsicherungspflicht über den PSV;
  • Pensionskassen – in der Regel Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die der Versicherungsaufsicht unterliegen. – In der Erhebung wird die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes getrennt ausgewiesen;
  • Direktversicherungen – die ebenfalls der Versicherungsaufsicht unterliegen und bei denen es sich um (Gruppen-) Lebensversicherungen des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers handelt;
  • Pensionsfonds – sie wurden 2002 im Rahmen der rot-grünen »Rentenreform« eingeführt und können sehr viel freier als Pensionskassen und Direktversicherungen am Kapitalmarkt agieren, weswegen bei ihnen sowohl Versicherungsaufsicht als auch Insolvenzsicherungspflicht Platz greifen.

Betriebliche Altersversorgung 2012

Bei der Verteilung der Anwartschaften auf Pensionskassen (ausserhalb des öffentlichen Dienstes), Direktversicherungen und Pensionsfonds sowie auf Unterstützungskassen bestehen zwischen alten und neuen Ländern keine nennenswerten Abweichungen. Auf diese Durchführungswege entfällt zusammen je die Hälfte aller Anwartschaften in West und Ost. Extreme regionale Unterschiede zeigen sich dagegen bei der Direktzusage des Arbeitgebers: Umfasst dieser Durchführungsweg im Westen fast ein Viertel aller Anwartschaften, so sind es im Osten gerade einmal gut fünf Prozent. Die betriebliche Altersversorgung im Osten wird mit 45 Prozent dominiert von der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (West: knapp 26 Prozent).

Dies ist wohl mit ein Grund dafür, das die von Arbeitnehmern finanzierten Aufwendungen für bAV-Anwartschaften im Osten mit fast 40 Prozent doppelt so hoch ausfallen wie im Westen. Die Zeiten, in denen alleine der Arbeitgeber für die Finanzierung der bAV verantwortlich war, sind längst vorbei. Mit der »Riester-Reform«, die 2002 einen Rechtsanspruch auf bAV im Wege der steuer- und sozialabgabenfreien Entgeltumwandlung brachte (bis zu vier Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung), und dem mit ihr vollzogenen Paradigmenwechsel in der Alterssicherungspolitik (Abschied vom Ziel der Sicherung des Lebensstandards durch die gesetzliche Rentenversicherung, Privatisierung sozialer Risiken) hat der Umfang der arbeitnehmerfinanzierten bAV deutlich zugenommen. Hochgerechnet auf alle Beschäftigten belief sich der Aufwand der Arbeitnehmer für Betriebsrenten 2012 auf 9,5 Milliarden Euro [3]. Die Bundesregierung schätzt die jährlichen Mindereinnahmen der Sozialversicherung durch abgabenfreie Entgeltumwandlung aktuell auf rund drei Milliarden Euro, wovon fast die Hälfte alleine auf die Rentenversicherung entfällt [4].

Die Koalition (CDU/CSU/SPD) will den Verbreitungsgrad der bAV vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen erhöhen. Dazu liegt ein Vorschlag des Bundesarbeitsministeriums vor, der mit Einführung der reinen Beitragszusage die vollständige Enthaftung des Arbeitgebers hinsichtlich der Versorgungsleistungen vorsieht (»pay and forget«). Andere fordern zudem die Verdoppelung des Grenzbetrages für die abgabenfreie Entgeltumwandlung auf acht Prozent der Bemessungsgrenze. Beides dürfte angesichts der nun vorliegenden Strukturdaten weniger zu einer Ausdehnung der bAV insgesamt als vielmehr zu einer weiteren deutlichen Erhöhung des Finanzierungsanteils der Beschäftigten führen.

[1] Statistisches Bundesamt, Verdienste und Arbeitskosten. Aufwendungen und Anwartschaften betrieblicher Altersversorgung 2012, Wiesbaden, Juni 2015. – Die Grundgesamtheit bilden Beschäftigte in Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten, das sind rund drei Viertel aller Beschäftigten.
[2] Die Statistiker weisen darauf hin, dass die Zahl der Beschäftigten mit Anwartschaften insgesamt zu niedrig gemessen wurde und die Ergebnisse insofern nicht voll belastbar seien; vgl. ebd. S. 5. – Diese Einschränkung gilt in nur geringem Maß für die im Folgenden referenzierten Strukturdaten.
[3] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 05.03.2015.
[4] Vgl. BTDrs 18/4557 v. 07.04.2015, S. 4f.

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